ein Beitrag von Freya Röhrßen und Thomas Röhrßen
Lukas (25 Jahre) genießt entspannt sein kerniges Samstagmorgen-Müsli. Nebenbei scrollt, swipt und tippt er durch seine Social Media Accounts auf dem Smartphone. Anna hat ihm einen Post geschickt: Speed-Dating des FlexPercfectTeams des lokalen Krankenhauses. Das klingt interessant. Anna weiß, dass Lukas als ausgebildeter Pflegefachmann neben seinem derzeitigen Pflegemanagement-Studium noch jobben und Geld verdienen möchte. Jetzt klickt er auf ein YouTube-Video. Jonas (29), ein FlexPerfectTeam-Mitarbeiter, erklärt in dem einminütigen Video, wie er in seinem Wunsch-Dienstplan an unterschiedlichen Einsatzorten im Pflegebereich vielfältige Arbeitsfelder und Menschen kennen gelernt hat. Das Ganze auch noch mit einer attraktiven Zulage. Die Speed-Dating-Veranstaltung findet nächsten Samstag in einer bekannten Location statt. Lukas hat entschieden: er geht hin!
Lukas ist kein realer Mensch. Er ist eine Fiktion, ein Avatar, eine vom Personalmarketing konstruierte Persönlichkeit, die wir in eine Kurzgeschichte integriert haben. Wozu?
Das Personalmarketing hat jahrelang versucht, mit breit angelegten Kampagnen und globalen Botschaften ganz unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen. Das war zu allgemein. Nun taucht es in die speziellen Lebens- und Medienwelten dieser unterschiedlichen Zielgruppen und Typen ein, erforscht ihre Motive und richtet sich an ihren Gewohnheiten aus. Diese Vorgehensweise geht in die Tiefe einzelner Marktsegmente, Lebenswelten und Menschentypen, um sie zu verstehen, sie richtig anzusprechen und sie zu erreichen. Hierbei stellt sich die Persona-Methode als ideales Konzept dar.
Was sind Personas?
"Das Wort Persona kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Maske“. Personas sind fiktive Personen, eine Art 'Kundenmodell'. Eine Persona bündelt also Eigenschaften, Wünsche und Erwartungen typischer Kundengruppen. Dafür muss ein Unternehmen zunächst die Wünsche, Bedürfnisse und Probleme der Zielgruppen analysieren. Eine Persona zu erstellen, hat das Ziel, seine Zielgruppe besser zu verstehen und das Produktangebot sowie die Kommunikation auf diese auszurichten. Deshalb werden die fiktiven Kunden/-innen zu Beginn eines Projekts gestaltet und sind im weiteren Planungsprozess immer präsent, hängen zum Beispiel im Büro am Schrank oder an einem Board. Eine Persona wird meistens auf einem A4-Blatt mit Hilfe eines so genannten Canvas festgehalten"
(Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kommunikation)
Personas werden etwa soziale Attribute (z. B. Name, Alter, Familienstand, Bildungsstand, Beruf, Einkommen), psychologische Merkmale (z.B. Einstellungen, Ziele, Bedürfnisse und Motive) und mediale Gewohnheiten zugeordnet. (z.B. Tageszeitungsleser*in, YouTuber, Facebook-Nutzer*in, Chatter, Streaming-Dienst-Abonnent*in, LinkedIn-Netzwerker*in etc.).
Das Profiling mit Personas ist kein Spiel. Personas müssen sorgfältig recherchiert, in der Tiefe verstanden und gut konstruiert werden. Hinter ihnen verbergen sich auch Zahlen - prozentuale Marktanteile, statistische Häufigkeiten, Wahrscheinlichkeiten und Entwicklungsprognosen.
Ein Beispiel: Die Philippinen gelten weltweit als der größte Exporteur von Pflegekräften: von 1993-2009 gingen 145.000 Pflegekräften ins Ausland. Auch die Ausbildung der Pflegekräfte richtet sich auf diese Migrationsstrategie aus: im Jahr 2004 wurden ca. 10.000 Pflegekräften ausgebildet. Davon haben 8.600 (!) Pflegekräfte das Land dann verlassen, um sich international in der Pflege zu engagieren. Hier sind wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend: gut ausgebildete philippinische Pflegekräfte im Ausland überweisen viel Geld an ihre Familien in der Heimat: im Jahr 1993 waren das insgesamt 800.000 Millionen US-Dollar. Die Migrationsroute nach Deutschland ist allerdings noch wenig ausgebaut. (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi): "Chancen zur Gewinnung von Fachkräften in der Pflegewirtschaft", S. 34).
Für diese Zielgruppe im Arbeitsmarkt steht Marisa (36 Jahre), eine alleinerziehende Mutter mit einem 5-jährigen Sohn. Sie ist auf den Philippinen gut ausgebildet worden und dann über eine philippinisch-deutsche Personalagentur nach einem erfolgreichen Deutschkurs (B2 Zertifikat), einem Assessment und einem speziellen Video-Schulungsprogramm für Pflegekräfte in Deutschland angekommen. Marisa, die aus der Hauptstadt Manila kommt, suchte besseren Lebensbedingungen für sich und ihren Sohn. Sie hat in Manila in der Pflege 300 € im Monat verdient. Das sieht jetzt anders aus. Marisa kann als alleinerziehende Mutter im FlexPerfectTeam ihren Wunschdienstplan umsetzen. Das ist in ihrer Lebenssituation ein großer Vorteil. Sie lernt ganz unterschiedliche Bereiche kennen und ist begeistert von der Vielfalt der Arbeitsmöglichkeiten. Ihre Einstellung zu den Patienten drückt sie in einem Satz aus: "Aus meiner Heimat bin ich es gewohnt, Patienten wie eigene Familienmitglieder zu behandeln." Marisa ist keine reale Person. Auch sie ist eine Persona.
Vielleicht stellen auch Sie beim Lesen fest, wie Sie sich über den Persona-Ansatz viel besser in die innere Wirklichkeit ihrer Zielgruppen hineinbewegen können. Das ist der Vorteil. Sie denken mit dem Kopf und fühlen mit dem Körper Ihrer Zielgruppe. Und Sie können ihre Entscheidungen und Verhaltensweisen besser vorher sagen.
Eine wichtige Strukturhilfe bei der Suche nach Bewerbern bietet auch die Klassifizierung nach Generationen, denn die unterschiedlichen Generationen haben auch ganz unterschiedliche Lebenseinstellungen und Mediengewohnheiten, die bei der Personalsuche von großer Bedeutung sind. (vgl. Thomas Röhrßen und Dietmar Stephan. Leadership Performance Krankenhaus. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Berlin 2021. S. 57 f.).
Wir unterscheiden folgende Generationen:
Generation Babyboomer (Jahrgänge 1946–1964)
Diese Generation ist erwachsen geworden in den 60er- und den 70er-Jahren in der Bundesrepublik Deutschland oder im Klima des noch stabilen Honecker-Systems in Ostdeutschland mit Arbeit in der regulierten Planwirtschaft und einem Rückzug ins Private. In dieser Zeit kämpften die Supermächte in Ost und West um die Vormacht im Weltraum. Das Fernsehen war das Medium. Die Generation Babyboomer hat eher stabile und gefestigte Werte, ist in der Regel pflichtbewusst mit hoher Arbeitsdisziplin und möchte gute Qualität in der Arbeit erbringen. Diese Generation ist klare Strukturen und Hierarchien gewohnt. Man legt Wert auf einen höflichen, anständigen und verbindlichen Umgang miteinander.
Astrid (62 Jahre) gehört zu dieser Generation. Sie ist verheiratet, hat 3 erwachsene Kinder. Ihr Mann ist selbständig und beruflich immer noch viel unterwegs. Astrid ist Krankenschwester und hat nach einer langjährigen Familienpause bis vor 2 Jahren noch auf einer onkologischen Station gearbeitet. Vor 1 Jahr ist ihre Mutter schwer erkrankt und Astrid hat sich entschieden, ihre Arbeit aufzugeben, um ihre Mutter zuhause zu pflegen und auch im Sterben zu begleiten. Astrids Mutter ist vor 2 Monaten gestorben und gerade hat Dagmar sie angerufen. Dagmar, eine Freundin ihrer Schwester, arbeitet im FlexPerfectTeam des Krankenhauses. Dagmar hatte vor ein paar Tagen - noch unter Corona-Bedingungen - an einer Video-Info-Konferenz des Personalmarketings des Krankenhauses teilgenommen, in welcher die Co-Recruiting-Strategie "Mitarbeiter*innen suchen Mitarbeiter*innen" vorgestellt wurde. Noch während der laufenden Video-Konferenz ist ihr der Name "Astrid" eingefallen, denn Astrid wäre mit ihrer Fachkompetenz und Grundeinstellung ja eine ideale Kollegin für sie im FlexPerfectTeam. Astrid zeigt Interesse. Astrid liest täglich die Tageszeitung, schaut die Nachrichten im Fernsehen, verfügt auch über ein Smartphone und nutzt WhatsApp. Aber Social Media mag sie nicht. Deshalb war die Co-Recruiting-Strategie mit persönlicher Ansprache der beste Weg zum Erfolg. Auch Astrid ist eine Persona.
Generation X (Jahrgänge 1965–1979)
Diese Generation ist erwachsen geworden in den Zeiten vor und nach dem Mauerfall. Im Westen regierte Helmut Kohl und der Osten geriet in die Krise. Nach der Maueröffnung kamen die ‚Wendekinder‘, die plötzlich Freiheit erhielten und dabei auch in Unsicherheit gerieten. Die Generation X ist medial geprägt von Walkman, Video und MTV. Eine Generation, die im Vergleich zu den Babyboomern eher skeptisch als optimistisch in die Zukunft schaut. Eine Generation, die Individualität mehr schätzt als Gruppenzwang im Team/ Kollektiv. Eine weniger idealistische Generation, die ihren Weg eher zielorientiert, pragmatisch und karrierebewusst geht. Leistung gegen Bezahlung spielt hier eine größere Rolle als bei den Babyboomern.
Manuel (46 Jahre) gehört zu dieser Generation. Er ist Deutscher mit spanischen Wurzeln, stolzer Vater zweier Kinder und ausgebildeter Intensiv-Fachpfleger. Er hat vom FlexPerfectTeam gehört. Für ihn kommt diese Alternative allerdings nicht in Frage, denn er möchte nicht ständig den Einsatzort wechseln und liebt die anspruchsvolle Aufgabe auf der internistischen Intensivstation. Auch Manuel ist eine Persona.
Generation Y (Jahrgänge 1980–1995)
Diese Generation ist erwachsen geworden mit 9/11, der Finanzkrise, der Globalisierung und mit dem Klimawandel. Die Helikoptereltern, die immer auf diese Kinder aufgepasst haben, geben sie zwar für die Arbeitswelt frei, versuchen aber häufig noch sie weiterhin fürsorglich unter Beobachtung zu halten. Dies ist die erste ganz digitale Generation, weshalb die Menschen dieser Generation auch als ‚Digital Natives‘ bezeichnet werden. Smartphones, Facebook und WhatsApp gehören zu ihrer Grundausstattung.
Generation Z (Jahrgänge 1996 – ca. 2010)
Diese Generation ist erwachsen geworden mit Fukushima, den Klimakatastrophen, dem arabischen Frühling, den Feldzügen des Islamischen Staats und der Corona-Krise. Diese Generation hatte eine Kronprinzen-Kindheit. Die jungen Menschen dieser Generation möchten vor allem mit Freude und möglichst selbstständig arbeiten. Die Rahmenbedingungen der Arbeit müssen vollkommen stimmen. Kein Stress. "Do what you love". Die Generation Z lebt in 3 Welten: Arbeitswelt, Privatwelt und digitales Universum. Das digitale Paralleluniversum läuft auch in der Arbeit über Twitter, Instagram und YouTube quasi in Echtzeit mit. Lukas (25) gehört zur neuen Generation Z.
"Die Medien, Kanäle und Instrumente des Personal-Recruiting sind recht vielfältig. Sie sollten die unterschiedlichen Generationen in ihren Medien-Gewohnheiten angemessen ansprechen."
(vgl. Thomas Röhrßen und Dietmar Stephan. Leadership Performance Krankenhaus. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Berlin 2021. S. 57 f.)
Lukas (25 Jahre) und andere Menschen der Generation Z sind in ihren digitalen Universen optimal über Mobile Recruiting und Videoportale in einer lockeren und visuellen Ansprache erreichbar. Wer Marisa (36 Jahre) erst einmal über das Persona-Konzept identifiziert hat, wird die einschlägige Personalagentur und mit ihr einige philippinische Fachkräfte finden. Manuel (47 Jahre) und andere Menschen der Generation X sind gut über spezialisierte Online-Jobbörsen und Pflege-Fachmedien erreichbar. Sie mögen eine professionelle und faktenorientierte Ansprache. Astrid (62) und viele andere Babyboomer lesen Tageszeiten, Zeitschriften und Magazine. Sie surfen im Internet. Sie sind gut über Printmedien und über persönliche Netzwerke erreichbar. Sie mögen eine freundliche und fachbezogene Ansprache.
(vgl. Kapitel 2.1 Kandidatenansprache in: Martina Mangelsdorf. Von Babyboomer bis Generation Z. S. 26 ff. ).
Nutzen Sie das Persona-Konzept, um Ihr Kandidaten-Portfolio in der ganzen Breite zu entfalten und zu veranschaulichen. Recherchieren Sie. Fundieren sie Ihre Personas mit Zahlen, Daten und Fakten. Gehen Sie in die Tiefe und ergründen Sie ihre Ziele und Motive, ihre Interessen, Netzwerke und Medien-Gewohnheiten. Nutzen Sie ihre Medien und Kanäle. Und sprechen Sie die richtige Sprache. Dann tauchen plötzlich hinter den Personas die realen Kandidaten auf, die bei Ihnen arbeiten wollen.
Freya Röhrßen ist Teamleiterin Personalmanagement der Heidemark GmbH in Ahlhorn. In ihren Tätigkeiten im Personalmanagement von Unternehmen des Gesundheitswesens und der Lebensmittelindustrie hat sie sich mit innovativen Strategien und Methoden des Personalmarketings befasst.
Thomas Röhrßen ist Dipl.- Psychologe, Psychotherapeut, Coach und Berater. Er führt seit 30 Jahren Projekte zur Strategie- und Strukturentwicklung, zur Personalentwicklung sowie Führungstrainings und Coaching in unterschiedlichen Branchen durch. Als Leadership Experte hat er ein psychologisch fundiertes Führungskonzept entwickelt.
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